Krieg

Kriegerische Ereignisse in Bürgeln

Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648)


Mit dem Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618 begann der Dreißigjährige Krieg. Ein Konflikt, in dem sich einerseits die Rivalität zwischen Reformation (Protestantische Union) und Katholizismus (Katholische Liga) entlud, und in dem andererseits um die Vormachtstellung in Mitteleuropa gekämpft wurde. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde Bürgeln das erste mal in Verbindung mit kriegerischen Auseinandersetzungen genannt. Während des gesamten Krieges hatte Bürgeln Einquartierungen der verschiedenen Truppenteile (kaiserliche, schwedische, süd- und nordhessische, französische und andere) zu ertragen. Diese Truppen mussten während der Einquartierung vom Dorf verpflegt und besoldet werden. Die Söldnerheere der Konfliktparteien hinterließen oft Krankheiten und Seuchen. Als die Kaiserlichen Truppen Tillys 1623 in Marburg einrückten und bis 1625 blieben, schleppten sie die Pest in unsere Gegend ein. Im Staatsarchiv von Darmstadt ist im Kriegsschadensverzeichnis von 1640 auch Bürgeln aufgelistet. Der Gesamtschaden belief sich auf 386 Taler. Diese Schadenssumme war im Vergleich zu den Schadenssummen der Nachbardörfer allerdings gering.

Der Siebenjährige Krieg (1756-1763)


Der Siebenjährige Krieg war einer der ersten großen globalen Konflikte in der Geschichte der Menschheit. An diesem Konflikt waren zahlreiche europäische Mächte (Preußen, Großbritannien, Frankreich, Österreich und Russland)sowie einige kleinere Staaten beteiligt. Das besondere an diesem Konflikt war, dass er in Mitteleuropa, Portugal, Nordamerika, der Karibik, Indien sowie auf den Weltmeeren ausgefochten wurde. Für Russland ging es darum, sich endlich als europäische Großmacht zu etablieren. Für Österreich ging es vor allem darum, das an Preußen verloren gegangene Schlesien zurückzuerobern. Für Frankreich und Großbritannien ging es um die Kolonien in Übersee sowie um die Herrschaft über die Weltmeere. Während des Krieges war Bürgeln immer wieder als Durchzugsgebiet der am Krieg beteiligten Streitkräfte betroffen. Das sind auf der Feindseite Franzosen und die Reichsarmee, auf der anderen Seite nordhessische, hannoveranische und britische Truppen. Es wurden während des Krieges immer wieder wehrfähige Männer aus Bürgeln zum Militärdienst eingezogen. Sie dienten in den Regimentern Kurhessens, das mit Preußen und Großbritannien verbündet war. Mehrmals war die Ohm Front und Kampflinie zwischen den verfeindeten Armeen, zuletzt beim Gefecht bei Amöneburg 1762. Dieses Gefecht endete mit einer Pattsituation, es waren mehr als 500 Soldaten gefallen und fast 1500 verwundet. England und Frankreich schlossen am 3.November 1762 einen Vorfrieden. Bürgeln, obwohl an der Ohm gelegen, kam immer glimpflich davon.

Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg (1775-1783)


Um die Unabhängigkeitsbestrebungen der 13 Kolonien in Nordamerika zu unterdrücken benötigte Großbritannien zusätzliche Soldaten. Durch einen Subsidienvertrag verpflichtete sich der Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel, Großbritannien hessische Soldaten zur Verfügung zu stellen. 13 Männer aus Bürgeln im Alter zwischen 16 und 32 Jahren kämpften als Soldaten für Großbritannien in Amerika; 5 davon überlebten den Krieg nicht. In dem Subsidienvertrag war außerdem geregelt, dass Hinterbliebene von Gefallenen sowie deren Gemeinden Entschädigung erhalten. Davon profitierte auch Bürgeln. So erhielt das Dorf im Jahre 1782 631 Gulden von den britischen Geldern, die der Landgraf für die Gestellung der Soldaten bekommen hatte. Mit diesem Geld konnte die Gemeinde nicht nur ihre Schulden begleichen, Sie blieb auch schuldenfrei bis in die napoleonische Zeit. 1783 war Bürgeln sogar in der Lage, von dem Geld 2 neue Backhäuser zu bauen und noch 300 Gulden zu 4% Zinsen zu verleihen.

Napoleonische Epoche (1807-1815)


Zwischen 1807 und 1813 gehörte Bürgeln zum neu gegründeten Königreich Westfalen. Es wird von Napoleons Bruder Jerome regiert (im Volksmund „König Lustig“ genannt). Der Code Napoleon, ein Bürgerliches Gesetzbuch, wurde am 1. Januar 1807 im Königreich Westfalen eingeführt. Dadurch kamen auch einige positive Neuerungen nach Bürgeln, wie z.B. einheitliche Maßsysteme. Es gibt auch zum ersten mal eine richtige Gemeindeverwaltung. Das, was einst der Schuldheiß war, ist jetzt der Maire (Bürgermeister). Ihm zur Seite steht ein Municipalrath (Gemeinderat). Somit kommt auch erstmals Demokratie nach Bürgeln. Man beginnt nun auch, die Finanzen der Gemeinde besser zu planen und wirtschaftet mit System. Bürgeln erlebte während der Napoleonischen Kriege Durchmärsche und Einquartierungen. Neben französischen waren auch preußische und russische Soldaten zeitweise im Ort. Diese Soldaten mussten von den Bewohnern Bürgelns versorgt werden. Auch Bürgelner Bürger mussten während der Napoleonischen Zeit als Soldat des Königreiches Westfalen für Napoleon kämpfen. In den Befreiungskämpfen von 1813 bis 1815 kämpften sie dann gegen Napoleon. Die Gefallenentafeln, auf dem die Toten dieser Kriege aufgeführt waren, sind heute nicht mehr vorhanden. Bürgeln war am Ende der Napoleonischen Kriege hoch verschuldet. 1813, nach der Völkerschlacht bei Leipzig, wurde das Königreich Westphalen aufgelöst. Nach dem Krieg folgte in ganz Deutschland die Restauration, diese geht auch an Bürgeln nicht vorbei. Allerdings wurden nicht alle Reformen der Franzosen rückgängig gemacht.

Die Deutschen Einigungskriege (1864-1871) und der
Erste Weltkrieg (1914-1918)


An diesen Konflikten war Bürgeln nicht mehr direkt beteiligt, es dienten allerdings Männer des Dorfes in den Armeen und man hatte Gefallene zu beklagen. Über die Gefallenen in den Kriegen vor dem 1. Weltkrieg kann nicht berichtet werden, da die Gefallenentafeln aus der alten Kirche entfernt wurden und nicht mehr vorhanden sind. Für die Gefallenen des 1. und 2. Weltkrieges existieren Namenstafeln, die bei der neuen Kirche aufgestellt sind. Mit der Mobilmachung im August 1914 wurden neben Reservisten auch Männer aus Bürgeln, die dem Landsturm angehörten, vorübergehend zur Bewachung von Brücken und anderen vermeintlich gefährdeten Objekten in der näheren Umgebung eingesetzt. Während des Ersten Weltkrieges fallen 23 Männer des Dorfes.

Der Zweite Weltkrieg (1939-1945)


Im 2. Weltkrieg war Bürgeln wieder direkt betroffen, Lebensmittel und Rohstoffe wurden knapp. Wie bereits im Ersten Weltkrieg mussten Lebens- und Genussmittelkarten eingeführt werden. Männer aus Bürgeln dienten auch während des Zweiten Weltkrieges in den deutschen Streitkräften. Bürgeln hat 48 Tote und Vermisste zu beklagen; das sind mehr als doppelt so viele wie im Ersten Weltkrieg. Am 29. März 1945 wurde Bürgeln zum Schauplatz von Kampfhandlungen, als amerikanische Einheiten sich von Ginseldorf her dem Ort näherten. Bei den amerikanischen Einheiten handelte es sich um Truppen, die den Auftrag hatten, den Ruhrkessel zu schließen. Am 28.03.45 hatten deutsche Soldaten in und um Bürgeln Stellung bezogen. Ein Vorauskommando der US-Streitkräfte, zusammen mit dem Bürgermeister von Ginseldorf, forderte Bürgeln auf, sich zu ergeben. Doch der deutsche Kompanieführer lehnte eine Kapitulation ab, obwohl die Bürgelner, von denen viele in der alten Kirche Schutz suchten, eine Übergabe an die amerikanischen Soldaten befürworteten. Die US-Einheiten nahmen die deutschen Stellungen unter Beschuss und attackierten diese mit gepanzerten Kräften. In der Nähe der alten Ohmbrücke wurde ein amerikanischer Panzer abgeschossen sowie ein weiterer in der Gasse. Es entwickelte sich ein regelrechter Straßenkampf, bei dem mehrere amerikanische Soldaten fielen. Auf deutscher Seite fiel der Kompanieführer, der sich selbst erschoss, nachdem er eine schwere Bauchverletzung erlitten hatte. Gegen Abend flauten die Kämpfe ab, die deutschen Soldaten zogen sich im Schutz der Dämmerung zurück. Glücklicherweise kamen bei den Kämpfen keine Dorfbewohner zu Schaden. Allerdings wurden vier Wohnhäuser und elf Scheunen durch die Kampfhandlungen beschädigt bzw. zerstört.