Die Entnahme aus Bächen, Flüssen und Seen zur Bewässerung, etwa des heimischen Gartens, ist vom Landkreis nun untersagt. Foto: Reichel

Der Landkreis Marburg-Biedenkopf hat eine Allgemeinverfügung zum Ausschluss des Gemeingebrauchs sowie des Eigentümer- und Anliegergebrauchs im Hinblick auf die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern bekanntgegeben.

Auf Grundlage des § 100 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) erlässt der Kreisausschuss des Landkreises Marburg-Biedenkopf, vertreten durch den Fachdienst Wasser-und Bodenschutz als zuständige untere Wasserbehörde (§ 64 Abs. 3 des Hessischen Wassergesetzes — HWG), folgende Allgemeinverfügung:

1. Die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern (Bäche, Flüsse, Seen) im Landkreis Marburg-Biedenkopf wird mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres untersagt.

2. Die Untersagung gilt auch für die Entnahme durch Eigentümer der an oberirdische Gewässer angrenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten (Anlieger).

3. Die Nichtbeachtung der Untersagungen nach Ziffer 1 und 2 stellt gem. § 73 Abs. 1 HWG eine Ordnungswidrigkeit dar und kann im Einzelfall mit einem Bußgeld bis zu 100.000 Euro geahndet werden (§ 73 Abs.2 HWG).

4. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet.

II. Begründung

Aufgrund der anhaltenden Trockenheit und der seit Wochen fehlenden Niederschläge haben sich in den Gewässern sehr niedrige Wasserstände eingestellt. Eine Änderung dieser Situation ist derzeit nicht absehbar. Die bisher gefallenen Niederschlagsmengen liegen weit unter Durchschnitt. Es besteht die Gefahr, dass der Naturhaushalt nachhaltig gestört wird. Die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern verstärkt diese Gefahr erheblich.
Rechtsgrundlage für die in Ziff. 1 und 2 getroffenen Anordnungen ist § 100 Abs. 1 WHG i. V. m. § 65 Abs. 1 HWG sowie den §§ 33, 25, 26 WHG und 19 Abs. 3, 21 Abs. 1 HWG.

Danach können der Gemeingebrauch und der Eigentümer- und Anliegergebrauch durch die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zum Wohl der Allgemeinheit, insbesondere zum Schutz des Naturhaushalts, beschränkt oder ausgeschlossen werden. Die für ein oberirdisches Gewässer erforderliche Mindestwasserführung (§ 33 WHG) ist auch dann zu beachten und einzuhalten, wenn die Wasserentnahme keinem Genehmigungserfordernis unterliegt und somit keiner Zulassung durch die zuständige Behörde bedarf. Widerspricht die Benutzung den Anforderungen der Mindestwasserführung, so können Maßnahmen angeordnet werden, die zur Durchsetzung dieser Anforderungen notwendig sind.

Die angeordnete Untersagung des Gemeingebrauchs und des Eigentümer- und Anliegergebrauchs ist geeignet, erforderlich und angemessen, die Gewässer vor weiteren Störungen durch eine Verringerung der Wasserführung zu schützen und eine Verschlechterung der durch die langanhaltende extreme Trockenheit kritischen Gewässerzustände zu vermeiden und damit die Tier- und Pflanzenwelt in den Gewässern vor Schaden zu bewahren. Die Untersagung bezweckt ferner, vorsorglich die Lebensgrundlage Wasser, wasserökologische Belange sowie das Wohl der Allgemeinheit zu schützen und zu erhalten. Sie ist ein geeignetes Mittel zur Absicherung der ökologischen, wassermengen- und wassergüterwirtschaftlichen Anforderungen.

Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwG0) angeordnet. Sie liegt in besonderem öffentlichen Interesse (§ 80 Abs. 3 VwG0), weil es nicht vertretbar ist, Wasserentnahmen durch Einlegung von Rechtsmitteln fortzusetzen und dadurch die Ordnung des Wasserhaushalts weiter zu beeinträchtigen. Durch weitere Entnahmen wäre der zur Aufrechterhaltung der wasserbiologischen Vorgänge zu erhaltende Mindestabfluss nicht mehr gewährleistet.

Die gesamte Allgemeinverfügung gibt es auch online unter www.marburg-biedenkopf.de, inklusive Hinweisen und einer Rechtsbehelfung. Die Allgemeinverfügung zur Untersagung der Wasserentnahme aus Oberflächengewässern ist ohne ein festgelegtes Enddatum dauerhaft gültig!