Es ist sehr eng in der Grundschule Bürgeln-Betziesdorf, und es wird demnächst noch enger: Im kommenden Schuljahr 2024/25 werden wohl erneut zwei 1. Klassen eingeschult, und so wirklich ist man sich nicht sicher, wo die Kinder untergebracht werden sollen.

Zu wenig Platz und Gebäude, die nicht saniert oder erweitert werden können. Die Grundschule Bürgeln-Betziesdorf muss neu geplant werden. Foto: Reichel

Zu allem Übel kommt hinzu, dass ab 2026 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter greift – es muss also dringend etwas passieren.

Schulleiterin Anne Mainusch sowie Cölbes Bürgermeister Dr. Jens Ried und Ortsvorsteher Sebastian Reichel hatten das zuständige Staatliche Schulamt schon länger darauf hingewiesen, dass es durch die wachsende Bevölkerung im Ort zu Engpässen kommen wird. »Bürgeln war durch die Nähe zu Marburg schon immer ein beliebter Ort zum Wohnen. Wir haben hier in den vergangenen zwei Jahren durch zwei neue Baugebiete und den massiven Zuzug von jungen Familien sowie die stärkeren Geburtenraten seit 2012 schnell viele Kinder mehr gewonnen«, berichten Dr. Ried und Reichel. Dadurch sei das Problem schneller akut geworden als gedacht.

Alte Gebäude und kein Platz

Schulleiterin Anne Mainusch bestätigt dies: »Was natürlich zusätzliche Probleme liefert ist, dass das alte Pavillon-Gebäude absolut baufällig ist, wir dort mehrere Wasserschäden hatten und der Fußboden sehr uneben ist.« Der Pavillon sowie der weitere Schulanbau aus dem Jahr 1989/90 kommen zudem statisch nicht für eine Aufstockung infrage und der historische Backstein-Bau kann ebenfalls nicht erweitert werden. »Dies hat den Planungen aus dem Jahr 2020 einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn wir waren eigentlich schon dabei, dies damals anzugehen«, erläutert der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow als Schuldezernent im Beisein von Reiner Röder (Fachbereichsleiter Schule und Gebäudemanagement des Landkreises) beim Besuch in Bürgeln. Beide bestätigen, dass der schnelle Zuzug in Bürgeln die Statistik durcheinander gebracht hat – denn der Kreis errechnet den Bedarf anhand der erwartbaren Geburtenzahlen aus.

Als Zwischenlösung hatte der Landkreis als Schulträger 2022 hochwertige Container-Module aufgestellt. Die alten waren bereits über 30 Jahre alt und ebenfalls schrottreif. Durch die Container allerdings ist der Schulhof deutlich zu klein für aktuell 91 Schüler.

Orte gehören zusammen

Dass die Kinder aus Betziesdorf gemeinsam in Bürgeln beschult werden, ist ein absoluter Gewinn für beide Orte. »Bürgeln und Betziesdorf sind schon immer freundschaftlich verbunden. Wir sind eine Kirchengemeinde und es gibt jahrzehntelange Freundschaften«, sagt Ortsvorsteher Reichel. Dies aus Platzgründen auseinander zu nehmen, möchten weder die Betziesdorfer noch die Bürgelner Bürger. »Mit den Kindern kann man nicht Verschiebebahnhof spielen und sie da parken, wo es einem gerade passt – sie brauchen eine sichere Struktur«, ergänzt Reichel. Schulleiterin Mainusch bestätigt: »Es sind alle Eltern und Kinder absolut glücklich mit der Situation. Man merkt, dass es eine Schulgemeinde ist und die Kinder nicht in beide Orte unterteilt werden. Die Zusammenarbeit ist hervorragend.«

Kurzfristige Zukunft und weitere Planung

»Wir haben als Gemeinde Cölbe dem Kreis Vorschläge unterbreitet, wie eine gemeinsame Nutzung ab dem Sommer 2024 aussehen kann. Es muss nur entschieden werden und es kann losgehen«, spricht Bürgermeister Dr. Ried die Raumsituation an.

Denkbar und einfach zu lösen sei es, die Nachmittagsbetreuung und das Mittagessen in der Mehrzweckhalle anzubieten – diese wird ohnehin seitens der Schule als Sporthalle genutzt. Dann wären die Schulräume rein für den Unterricht ausreichend.

Für die langfristige Planung muss ein neuer Standort her. Am aktuellen Bestand sind keine Erweiterungen möglich. »Das wäre auch im laufenden Betrieb niemandem zuzumuten«, sind sich Zachow und Röder einig. »Geplant ist es, im Februar mit Berücksichtigung des Pädagogischen Konzeptes der Grundschule sowie dem Raummodell die Planungen aufzunehmen. Dann werden gemeinsam mit der Schulgemeinde sowie der Kommune der Entwicklungsplan sowie die Standortfrage besprochen.

Einig sind sich Dr. Ried sowie Röder und Zachow dabei: Es müssen Synergien mit multifunktionalen Lösungen gefunden werden. »Die Zeiten als reine Schulräume sind vorbei, denn es ist niemandem geholfen, wenn Ensembles vormittags ausgelastet sind und danach ungenutzt bleiben. Hier finden wir gerade mit der Gemeinde und in Bürgeln eine Lösung, die dann den Vereinen evtl. als Miet-Optionen oder auch für die VHS möglich sein werden«, erklärt Marian Zachow.

Schulleiterin Anne Mainusch ergänzte: »Unser Pädagogisches Konzept steht bereits und ist komplett ausgearbeitet – daran soll es zur Planung nicht scheitern. Da wir uns aktuell in Bürgeln auch bereits schon im Profil 2 des Ganztagskonzeptes befinden und die Raumnot im Sommer mit dann insgesamt 6 Klassen groß wird, hoffe ich jetzt auf die kurzfristige Entlastung mit Ausweichoptionen im Ort.«

Wenn die Planungen des Kreises im Jahr 2024 mit allen Beteiligten normal fortschreiten, ist mit einer Umsetzung eines Neubaus ab 2027 zu rechnen, da bis 2026 die Finanzen für alle weiteren Aufgaben der Schulgebäude kreisweit bereits verplant sind.