Geschichte

Die Geschichte Bürgelns

Frühgeschichte

Schon vor der ersten Urkundlichen Erwähnung Bürgelns im Jahre 1273 müssen Menschen in der Gemarkung Bürgeln gelebt haben. Bei Ausgrabungen am nordwestlichen Ortsrand kamen zahlreiche archäologische Funde zu Tage. Die Funde stammen aus einem Zeitraum, der von der Altsteinzeit bis in das Mittelalter reicht. Der Hauptteil der gefundenen Gegenstände ist jedoch der Keltenzeit 450 – 50 vor Christus zu zuweisen. Man fand unter anderem über 4000 Scherben von Gefäßen aus der keltischen Epoche.
Weitere Hinweise auf die keltische Kultur findet man auch im Bereich der Sprache. So wird angenommen, dass der Name des Flusses Ohm vom keltischen Wort AMANA, der der Lahn von LAGUNA abgeleitet ist. Der Bach, der durch Bürgeln fließt, trägt den Namen „Rotes Wasser“. Ursprünglich hieß unser Bach BRACHTAFFA, was aus dem Keltischen übersetzt „gerodetes Wasser“ bedeutet. Im 1. Jh. vor Christus drangen die Chatten in unseren Raum ein. Es wird vermutet, dass die zahlreichen Ringwälle in unserem Raum in dieser Zeit entstanden. Unsere Gegend war zwar kein Bestandteil des Römischen Reiches, doch Funde von römischen Münzen sind zumindest Indizien für die Präsenz der Römer in unserem Raum. Wahrscheinlich stammten sie von römischen Händlern oder von römischen Truppen, die während der Feldzüge des Germanicus, sowie auch noch später durch unser Gebiet zogen.

Mittelalter

Nach der Völkerwanderung übernahmen die Franken die Herrschaft in unserem Gebiet. Durch die Einwanderung fränkischer Siedler kam es zu einer Überbevölkerung. Es wird vermutet, dass auf Grund dessen im 4. bis 8. Jh. n. Chr. unsere Nachbardörfer Betziesdorf, Schönstadt und Ginseldorf entstanden. Im Jahre 719 kam mit dem angelsächsischen Mönch und Missionar Bonifatius auch das Christentum in unsere Gegend. Es ist anzunehmen, dass er auch in Bürgeln war. Während der Regierungszeit Karls des Großen wurden Marken (Verwaltungsbezirke) eingerichtet und von Königshöfen aus verwaltet. Von diesen Königshöfen, auch Pfalzen genannt, wurde auch das im ganzen Reich verstreute Königs- oder Reichsgut verwaltet. Auch Bürgeln dürfte königlicher Besitz gewesen sein, der später vom fränkischen Königshaus der Konradiner an das Marienstift zu Wetzlar verschenkt wurde. 1273 wurde Bürgeln unter dem Namen Birgelin in einer Urkunde des Reichsstifts Wetzlar(Marienstift) zum ersten mal erwähnt. In dieser Urkunde wurde der Ritter Konrad von Marburg mit der dem Reichsstift gehörenden Vogtei Bürgeln belehnt. 1334 wurde Bürgeln vom Reichsstift Wetzlar an den Landgrafen von Hessen verkauft. Dies erzeugte Spannungen zwischen dem Landgrafen und den Nachfolgern des Konrad von Marburg, den Herren von Fleckenbühl. Diese schlugen sich jetzt auf die Seite des Erzbischofs von Mainz. Die Mainzer Erzbischöfe, die größeren Territorialbesitz in Hessen hatten, waren über Jahrhunderte die Gegner der Landgrafen von Hessen. Nach mehreren militärischen Niederlagen des Erzbistums Mainz wechselten die Herren von Fleckenbühl wieder auf die Seite der Landgrafen von Hessen. 1376 wurden sie dafür mit der Vogtei Bürgeln samt Burg belehnt. Woher der Name Bürgeln stammt, ist strittig .Es gibt eine Vermutung, dass der Name von „Burg“ abgeleitet ist. Einer anderen Vermutung nach ist es die Lage des Dorfes an einem kleinen Berg, Bergelchen genannt, der Bürgeln seinen Namen zu verdanken hat. Fest steht, dass Bürgeln erstmals urkundlich 1273 als Birgelin erwähnt wurde.1395 wurde es Birgiln genannt, 1485 wurde daraus dann Byrgeln. 1395 wurde der Gerichtsbezirk Schönstadt, zu dem neben Schönstadt auch Bürgeln, Cölbe, Betziesdorf, Ginseldorf sowie einige untergegangene Dörfer, so genannte Wüstungen, gehörten, zwischen den Landgrafen und den Herren von Fleckbühl aufgeteilt. Dieser Teilungsvertrag hatte bis Anfang des 19. Jahrhunderts Bestand und damit Auswirkungen auf das Dorf. Ein Teil der Bewohner war dienst- und abgabepflichtig gegenüber dem Landgrafen, der andere Teil gegenüber den Herren von Fleckenbühl. Höfe und Grundbesitz in Bürgeln besaßen auch noch das Kloster Haina und der Deutsche Ritterorden.

Reformation und Neuzeit

1526 führte Landgraf Philipp, genannt der Großmütige, auf der Synode von Homberg die evangelische Lehre in Hessen ein. Somit wurde Bürgeln evangelisch. Nach dem Tode Landgraf Philipps wurde die Landgrafschaft Hessen unter seinen vier Söhnen aufgeteilt. Danach gehörte unser Dorf zur neuen Landgrafschaft Oberhessen. Die Fleckenbühler waren nicht selten gezwungen, Teile ihres Besitzes zu verpfänden oder zu verkaufen, das führte gelegentlich zu Streitereien. 1562 kam es zu einem Mord an Hartmann von Fleckenbühl, genannt Bürgeln. Grund soll ein Besitzstreit mit den Herren von Hatzfeld gewesen sein. Am Ort der Ermordung, am Eichholz, ist noch heute ein beschädigtes Steinkreuz mit lesbarer Inschrift zu sehen. In der Kirche wurde für das Mordopfer ein Denkmal errichtet. Dieses Denkmal befindet sich heute in der neuen Kirche.

18. bis 19. Jahrhundert
Im 18. und auch noch im 19. Jahrhundert erreichten viele Menschen, vor allem Frauen, das fünfzigste Lebensjahr nicht. Dies ist aus dem Sterberegister zu entnehmen. Auch die Kindersterblichkeit war sehr hoch. Von 1683-1772 sind von den 608 verstorbenen Bürgern alleine 280 Kinder. 1796 starb das Geschlecht derer von Fleckenbühl, genannt Bürgeln, aus. Nachfolger der Herren von Fleckenbühl als Gutsherr in Bürgeln wurde der Landgraf von Hessen – Rumpenhain. Die Aufhebung der Grunddienste in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts veränderte die wirtschaftliche Lage der Menschen in Bürgeln grundlegend. Die Grundherren ließen sich die Aufhebung der Grunddienste teuer vergüten. Die Bauern waren dadurch gezwungen, hohe Hypotheken aufzunehmen, die viele nicht zurückzahlen konnten. Dadurch kam es in Bürgeln, ähnlich wie im ganzen Land, zu einem Höfe-Sterben. Dies, sowie auch eine stark anwachsende Bevölkerung führte in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer Massenauswanderung, besonders nach Nordamerika. So kamen dann viele Bürger zu Verwandten in den USA. Einige der Auswanderer, die zu Wohlstand gekommen waren, unterstützen später den Ort auch finanziell. So spendete ein Henry Rodenhausen für die Anschaffung einer neuen Orgel im Jahre 1899 250 Mark, bei Gesamtkosten von 1224 Mark. 1871 schlossen sich die deutschen Einzelstaaten zu einem Kaiserreich zusammen. In den Folgejahren kam es dann zu einem starken wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland, der sich auch in Bürgeln bemerkbar machte. Viele Bürger fanden jetzt auch außerhalb des Ortes Arbeit. Waren bis daher die Einwohner des Ortes hauptsächlich in der Landwirtschaft tätig, so änderte sich das in den nächsten Jahrzehnten gründlich. Bereits vor dem 2. Weltkrieg verdienten die meisten Bürger ihren Lebensunterhalt als Handwerker oder als Staatsbedienstete. Der wirtschaftliche Aufschwung sorgte in Bürgeln für einen Bauboom. Neben einer Anzahl neuer Wohnhäuser (15 bis 1914), sowie einigen landwirtschaftlichen Gebäuden wurde auch eine neue Schule gebaut.

Anfang des 20 Jahrhunderts
1902 erhielt das Dorf auch eine Bahnhaltestelle. Für die Einrichtung der Haltestelle musste der Ort 9300 Mark bezahlen. Für verkaufte Fahrkarten erhielt die Gemeinde aber Geld von der Bahn. 1903 waren es schon 288 Mark. 1904 kam das erste Telefon nach Bürgeln. Es wurde für den Bürgermeister installiert. 1904 wurde zum Dreschen zum ersten Mal eine Dreschmaschine eingesetzt. In den Jahren 1910 bis 1914 hatte die Gemeinde seit langer Zeit keinen Defizit im Haushalt. Nach dem 1. Weltkrieg und der darauf folgenden Inflationszeit erreichten den Ort wieder Geldspenden aus den USA. Lehrer Stauffenberg wurde beauftragt, die Spenden unter den Bedürftigsten zu verteilen. Die Spender sind Mary und Henry Rodenhausen und eine Frau Holz, geb. Preiß. 1927 erhielt Bürgeln elektrisches Licht. Die Zeit der Petroleumlampen war vorbei. Dieses Ereignis wurde mit einem großen Lichtfest gefeiert.

Zeit des Nationalsozialismus
1933 wurde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten der bisherige Bürgermeister durch einen den Nazis genehmen ausgewechselt. Auch die Mitglieder des Gemeinderates wechselten. Ab 1935 ging es wirtschaftlich wieder bergauf. Es wurden Häuser gebaut und der Gemeindehaushalt schließt in diesen Jahren mit einem Plus ab. Aber die Herrschaft der Nationalsozialisten hatte auch eine dunkle Seite. Der Sozialdemokrat Balthasar Stauzebach wurde kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in so genannte Schutzhaft genommen, und aus dem Gemeindehaushalt mussten 12 RM für Schutzhäftlinge gezahlt werden. 1935 kam es wegen des Rassenwahns der Nationalsozialisten zur Auswanderung der zwei in Bürgeln lebenden jüdischen Familien Hess und Wertheim. Geschehnisse im 2. Weltkrieg werdend im Abschnitt„Kriegerische Ereignisse“ dargestellt.

Nachkriegszeit
Nach Ende des 2. Weltkrieges war die Not für die Menschen in Bürgeln immer noch nicht vorüber. Lebensmittel und viele andere wichtige Gebrauchsgüter waren knapp. In dieser Zeit blühte vor allem der Schwarzhandel und die stabilste Währung war die amerikanische Zigarette. Während des Krieges mussten in Bürgeln Evakuierte aus den zerbombten Städten untergebracht werden. Nach dem Krieg kamen Heimatvertriebene dazu. Die Heimatvertriebenen kamen größtenteils aus Ungarn und dem Sudetenland. Am 11.05.1946 waren es 35 Personen aus dem Sudetenland. Am 19.05.1946 kamen 26 Ungarndeutsche dazu.Das führte für Jahre zu einem sehr beengten Wohnen. Aus diesem Grund hatte man auch keinen Platz in den Häusern, um die Verstorbenen wie bisher, bis zur Beerdigung zu Hause aufzubahren. Man baute daher in Eigenleistung eine Leichenhalle auf dem Friedhof. Bei Kriegsende 1945 befanden sich viele überlebende Soldaten aus Bürgeln in Kriegsgefangenschaft. Sie kamen erst nach und nach in die Heimat zurück. Die letzten kamen 1951 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft nach Hause. Mit der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre begann dann das so genannte Wirtschaftswunder. Es kam zu einem erheblichen Bauboom, bei dem bis zum Jahre 2010 mehr als 200 Häuser gebaut wurden. 1956 bekam Bürgeln dann auch endlich eine Wasserleitung. Eigentlich hatte die Gemeindevertretung schon 1919 den Entschluss gefasst, eine Wasserleitung zu bauen. Aber wahrscheinlich war es die Inflation, die dieses Vorhaben vereitelte. 1930 wollte man dann mithilfe eines Vorvertrages mit der Gemeinde Ginseldorf eine gemeinsame Wasserleitung bauen. Dies scheiterte allerdings daran, dass die Ginseldorfer Wasserquelle nicht für beide Dörfer ausreichte. 1956 wurde mit der Regulierung der Ohm begonnen. Die alte steinerne Ohmbrücke von 1776 hatte jetzt ausgedient, und steht bis heute als vernachlässigtes Denkmal im Wiesengrund. Es war aber nicht die erste steinerne Brücke, die über die Ohm bei Bürgeln führte. Bereits 1721 wurde eine steinerne Ohmbrücke bei Bürgeln erwähnt, die aber heute nicht mehr vorhanden ist. Vermutlich wurde sie während des 7-jährigen Krieges zerstört. 1969 begann man mit dem Bau eines Abwassersystems. Dazu hatte man mit der Gemeinde Betziesdorf einen Abwasserverband gegründet. 1972 erhielt Bürgeln einen Kindergarten, der bis heute existiert. Im selben Jahr wurde auch ein neues Feuerwehrgerätehaus errichtet. 1974 verlor Bürgeln seine politische Selbstständigkeit und gehört seitdem zur Großgemeinde Cölbe. Unter der Regie der Großgemeinde erhielt Bürgeln in den achtziger Jahren eine Mehrzweckhalle und eine über die Ortsgrenzen hinaus bekannte Grillhütte. Die Grillhütte wurde in Eigenleistung von Bürgelner Bürgern errichtet. Die Geldmittel für die Hütte stammten aus der Finanzierung des Flächenumlegungsverfahrens beim Neubau der Bundesstrasse 62. An Sehenswürdigkeiten gibt es in Bürgeln neben einem Dorfmuseum noch die alte Kirche, sowie eine Steinschale, im Volksmund der „Taufstein“ genannt. Diese Steinschale befindet sich in Ohmnähe, ca. 800 m westlich der neuen Ohmbrücke.